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Bergbau- und Hüttenwesen in Herdorf

Historisches zum Bergbau und Hüttenwesen in Herdorf

Kaum ein Thema hat die Geschichte und Entwicklung Herdorfs so stark geprägt wie der Bergbau und das Hüttenwesen. Über viele Jahrhunderte hinweg war der Abbau und die Verarbeitung von Eisenerz nicht nur ein bedeutender Wirtschaftszweig, sondern auch Lebensgrundlage für Generationen von Herdorferinnen und Herdorfern. Schon im 15. Jahrhundert wurden erste Hütten urkundlich erwähnt – und mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert erlebte Herdorf einen beispiellosen Aufschwung.

Rund um das Stadtgebiet entstanden zahlreiche Gruben, allen voran die bekannten Erzgruben wie „San Fernando“ oder „Nikolaus“, die das Gesicht der Stadt nachhaltig veränderten. Der Anschluss an die Eisenbahnlinie Köln–Gießen im Jahr 1861 verlieh dem wirtschaftlichen Wachstum zusätzlichen Schub: Innerhalb weniger Jahrzehnte vervielfachte sich die Einwohnerzahl, neue Arbeitsplätze entstanden, und das Stadtbild wandelte sich zu einem blühenden Industriestandort.

Doch Bergbau war immer mehr als nur Arbeit – er war Teil des alltäglichen Lebens, prägte Kultur, Gemeinschaft und das Selbstverständnis der Menschen. Auch wenn die letzte Grube in den 1950er Jahren ihren Betrieb einstellte, lebt diese Tradition in Herdorf weiter – in den Erinnerungen, in den Familiengeschichten und nicht zuletzt im Kreisbergbaumuseum in Sassenroth, das eindrucksvoll von dieser Zeit berichtet.

Diese Seite lädt Sie ein, einen Blick in die bewegte Bergbauvergangenheit unserer Stadt zu werfen – auf die Arbeit unter Tage, die Technik, die Menschen und das Leben rund um Fördertürme und Hochöfen.

Frühzeit – Die Anfänge der Eisengewinnung (6./5. bis 3. Jahrhundert v. Chr.)

Die ältesten Spuren des Bergbaus im Herdorfer Raum reichen über 2.000 Jahre zurück. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass schon in der Späthallstatt- und Frühlatènezeit (6./5. Jahrhundert v. Chr.) Eisen aus oberflächennahen Erzlagerstätten gewonnen wurde. Andere Fachmeinungen verorten diese Funde eher in das 3. Jahrhundert v. Chr., also in die mittlere Latènezeit. In kuppelförmigen Öfen, den sogenannten „Rennfeueröfen“, schmolz man das Erz – eine frühe Form der Eisenverhüttung, die in unserer Region weit verbreitet war.

Frühmittelalter – Eine lange Pause (1. bis 9. Jahrhundert n. Chr.)

Mit dem Einsetzen der germanischen Wanderungen und römischen Einflüsse um die Zeitenwende kam der Bergbau vorerst zum Erliegen. Erst im 9./10. Jahrhundert lassen sich wieder Spuren von Erzgewinnung und Verhüttung nachweisen – parallel zur Ausbreitung der Franken im rechtsrheinischen Raum.

Mittelalter – Technischer Fortschritt (13. bis 15. Jahrhundert)

Ab dem 13./14. Jahrhundert wurde die Wasserkraft genutzt, um Blasebälge und Hämmer in Hüttenwerken anzutreiben. Die Verhüttungsbetriebe verlagerten sich aus den Höhenlagen in die Täler, um die Bäche effizient nutzen zu können. In Steuerschätzungen von 1437 tauchen erstmals Einnahmen aus dem „Hüttenzins“ auf – ein Zeichen dafür, dass der Bergbau wirtschaftlich zunehmend an Bedeutung gewann. Ein Vertrag von 1478 zwischen den Häusern Sayn und Nassau regelte zudem das Hüttenwesen gemeinsam.

Frühe Neuzeit – Neue Herrschaften, neues Interesse (1661)

Als die Grafschaft Sayn 1661 an Sachsen-Eisenach überging, erhielt der Bergbau neuen Auftrieb. Kleine Gruben entstanden, meist getragen von Eigenlöhnern oder kleinen Gewerkschaften, die sich die mühsame Arbeit teilten. Richtig bedeutend wurde der Bergbau in Herdorf allerdings erst später.

Industrialisierung – Der große Aufschwung (18./19. Jahrhundert)

Im 18. und 19. Jahrhundert entstanden die großen Herdorfer Gruben, etwa San Fernando, Zufälligglück oder Hollertszug. Die Erzvorkommen beiderseits der Heller wurden intensiv genutzt – im Norden etwa durch die Gruben Guldenhardt, Bollnbach und Stahlert, im Süden entlang des Florz-Füsseberger Gangs. Diese Phase legte den Grundstein für die industrielle Entwicklung Herdorfs.

1804 – Der Blick von außen

Der preußische Bergrat Friedrich August Eversmann beschreibt 1804 die Region eindrücklich: „Alles lebt hier vom Bergbau und Hüttenbetrieb…“. Seine Worte zeigen, wie prägend der Bergbau für das Leben der Menschen war – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell.

20. Jahrhundert – Konsolidierung und Abschied

Ab 1953 wurden die noch aktiven Gruben unter dem Dach der Erzbergbau Siegerland AG zusammengefasst. Sie prägten das Wirtschaftsleben bis in die 1960er Jahre. Im März 1965 schließlich schloss mit den letzten Bergwerken auch das Kapitel des aktiven Bergbaus in Herdorf – eine Ära ging zu Ende.

Neuzeit – Wissenschaft und Erinnerung

In den Jahren 2010/2011 bewertete die Landesarchäologie Rheinland-Pfalz frühere Funde neu. Seit Oktober 2016 führt die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz wissenschaftliche Untersuchungen im Herdorfer Raum durch. Ziel ist es, mehr über die Ursprünge und die Entwicklung des Montanwesens in unserer Region herauszufinden.

Dieser Zeitstrahl zeigt: Der Bergbau hat Herdorf über viele Jahrhunderte hinweg geprägt – technisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich. Die Spuren dieser Geschichte sind bis heute sichtbar – in unserer Landschaft, unseren Traditionen und unserem Selbstverständnis.

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