Grube Bollnbach

Die Grube Bollnbach

Auf 4,1 Mio Tonnen Roherz wird die Förderung aus der Grube Bollnbach geschätzt, die damit nach Aufnahme der dampfmaschinenbetriebenen Förderung bis in die ersten Jahre des 20. Jahrhunderts die bedeutendste Grube Herdorfs war und auch im Bergrevier Daaden-Kirchen in der Förderstatistik auf den vorderen Rängen lag. Nach Zusammenlegung mit der benachbarten Grube Stahlert war sie in ihrer Blütezeit mit rund 800 Betriebsangehörigen der größte Arbeitgeber in Herdorf.

Die geschichtliche Entwicklung kann anhand eines Gewerkenbuches nachvollzogen werden, das auch eine Abschrift der Belehnungsurkunde von 1746 enthält. Die Urkunde belegt aber gleichzeitig auch einen früheren Bergbau, denn die Mutung der vorgenannten Gewerken erstreckte sich auf ein „altes Kupferwerk im Kirchspiel Kirchen ohnweit Herdorf in selbiger Gemark, an sogenanntem Bollmichs Seifen gelegen, die Tiefe Bollmich genannt“. Über das also 1746 schon als „alt“ bezeichnete und stillgelegte Kupferwerk ist leider nichts Näheres bekannt. 

Wenngleich im Gewerkenbuch berichtet wird, dass die Gewerkschaft „den Anfang zu dem Bollnbacher Erz- und Eisensteinwerk gemacht hat“, war sie dennoch nicht die Einzige, die schon früh auf dem 800 m langen Gangzug baute. Im westlichen Bereich arbeitete die Rothezecher Gewerkschaft, deren Belehnung bereits im Jahre 1714 erfolgte. Aufgeführt wird auch eine Gewerkschaft der „Tiefen Bollnbach“, über deren Anfänge nichts bekannt ist. Weitere Erwähnungen finden sich in Urkunden von 1755 und 1782, wo bereits von der Gewerkschaft der vereinigten Bollnbacher und Rothezecher Eisensteingrube  geredet wird. Neben diesen etwas bekannteren Gewerkschaften waren noch zahlreiche weitere Grubenfelder in dieser Gegend verliehen wie Habakuk, Meyerzeche, Bergmannshoffnung, Eisenglanzberg, Schlosserzeche, Utschzeche, Carlszeche, Junge Veronica, Junger Valentin oder Felsenstein, um nur einige zu nennen. Sie erreichten aber keine große Bedeutung.    

Die Bollnbacher Gewerkschaft hatte ab 1746 mit dem Bau des Tiefen Stollens begonnen und traf nach 33 jähriger Bauzeit auf den Gangzug. Der Schwerpunkt der Bergbautätigkeit hatte zunächst auf dem Tagebau gelegen. Noch für das Jahr 1791 wird berichtet, dass die Grube mit 8 Arbeitern im Schachtbetrieb und 3 Arbeitern im Stollenbetrieb belegt war. Ein Jahr zuvor war das Zechenhaus über der Stollenmündung errichtet und der Fördersteg über die Heller angelegt worden. Erst zum Ausgang des 18. Jahrhundertes hatten sich die Bollnbacher Gewerken dann offensichtlich stärker auf die Stollenarbeit konzentriert. da ihnen der Betrieb der Tagesschächte zu kostspielig wurde.   

Aus der Belehnungsurkunde von 1746

1796 wird dann der Stollen in Richtung des Grubenfeldes der Gewerkschaft „Tiefe Bollnbach“ vorgetrieben.  Darüber wird eine Vereinbarung -damals „Akkord“ genannt- getroffen, wonach der Stollenvortrieb abwechselnd von beiden Gewerkschaften vorgenommen und teilweise auch vergütet wird. Nach insgesamt 14 Jahren erreicht man 1810 das Grubenfeld der Tiefen Bollnbacher und trifft eine neue Vereinbarung mit ihnen. Da diese nun  den Bollnbacher Stollen mitbenutzten, mussten sie, je nach Gewinnungsort, einen Teil der Förderung („halber oder ganzer Neunter“)  an die Bollnbacher Gewerken abgeben und sich auch zur Hälfte an den Unterhaltungskosten für die Hellerbrücke beteiligen.

Bollnbach um 1913 – Foto Peter Weller

Mit dem Tiefbau im Stollen wird nach dem Gewerkenbuch bereits 1792 begonnen. Er scheint zunächst aber nur zögerlich betrieben worden zu sein, denn eine Kunstanlage zur Wasserhaltung wird erst 1827 installiert. Die Anlage „geht aber überhäufiger kaputt“, wird später vom Berggeschworenen berichtet. Rund 40 Jahre wurde die Anlage betrieben, bevor der erste Einsatz einer Dampfmaschine erfolgte. 

1830 übernahm die Kirchener Unternehmerfamilie Stein mehrheitlich die Anteile an der Grube. 1872 erwirbt die Firma Krupp das Bergwerk. Bis zum Beginn der maschinellen Förderung hatte man auf der Grube eine Teufe von 40 m erreicht. 1866 wurde mit der Umstellung auf den Dampfmaschinenbetrieb begonnen. Infolge des nun rasch voranschreitenden Tiefbaus musste schon 7 Jahre später eine stärkere Maschinenanlage installiert werden. 1879 hatte man diesen Schacht zwar bis zur Anlegung der 157 m-Sohle abgeteuft und wegen des brüchigen Nebengesteins mit „eiserner Zimmerung“ versehen, er brach aber ein Jahr später im unteren Bereich zusammen und konnte in der Folgezeit nur bis zur 120 m -Sohle weiter genutzt werden. 

1880 begann man daher auch mit dem Abteufen eines weiteren Schachtes, nun im Bereich der heutigen Tennisanlage angelegt wurde und zuletzt bis zur  477 m- Sohle reichte. Infolge der ständig steigenden Fördermengen -man hatte 1900 eine Jahresförderung von 88.000 to gegenüber 20.000 to in 1871 erreicht- entschloss man sich  zum Bau eines weiteren Schachtes. Die Vorbereitungen begannen im Jahre 1900 in der Nähe des heute noch weithin sichtbaren Maschinenhauses, sieben Jahre später wurde er in Betrieb genommen und führte noch einmal zu einer deutlichen Produktionssteigerung. Zuvor war 1899 eine neue Röstanlage errichtet und ein Gleisanschluss zum Bahnhof Herdorf in Betrieb genommen worden.

1913 wurde mit einer Förderung von 174.000 to die Höchstmarke in der Geschichte der Bollnbach erreicht.  Mit zunehmender Tiefe aber gingen die Erzvorkommen zurück, so dass man auch nach neuen Gangvorkommen suchte.  Die 357 m-Sohle wurde  rd. 900 m quer durch Herdorf in südlicher Richtung  vorgetrieben, um dort das Feld der früheren Grube Heinrichsglück zu untersuchen; das Ergebnis war jedoch negativ. Ebenso erfolglos blieb die Suche nach neuen Erzvorkommen über die 477 m-Sohle zur Grube Neues Glück an der Hellerstraße.  In nördlicher Richtung wollte man auf der 550 m-Sohle den Hollertszug unterfahren. Dieses Ziel erreichte man jedoch nicht mehr, da der Grubenbetrieb während der Arbeiten eingestellt wurde. 

Insgesamt hat man auf der Grube Bollnbach 4,1 Mio to Erz über 17 Sohlen bis in 630 m Tiefe gewonnen. Die Lagerstätten der Grube gelten in der Fachwelt als abgebaut. Schon in den letzten 10 Betriebsjahren hatte die ständige Abnahme der bauwürdigen Gangmittel zur Tiefe hin und eine zunehmende Verquarzung das nahende Ende angedeutet. Lag die im Bergbau als Maßstab herangezogene horizontale Gangfläche (Länge x Breite des abbauwürdigen Ganges auf einer Sohle)  in den oberen Teufen noch bei 2000 m², erreichte man auf der 590 m-Sohle gerade noch 400 m². Auf der 630 m-Sohle traf man schließlich nur noch eine Gangfläche von 100 m² an. Zwar wurden noch eine 670 m- und eine 770 m-Sohle angelegt, die Untersuchungen erbrachten jedoch keine abbauwürdigen Mittel. 1926 wurde im Laufe des Jahres der Grubenbetrieb schon weitgehend aufgegeben und im Februar 1927 endgültig eingestellt. 

Neben zahlreichen Pingen aus dem Tagebau ist auch das Fördermaschinenhaus der Bollnbach erhalten geblieben, ein weithin sichtbarer roter Backsteinbau, der schon seit langem als Wohnhaus genutzt. wird. 

Literatur:

Die vom preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe herausgegebene „Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preussischen Staate“ enthielt für die einzelnen Jahre kurze Anmerkungen zum Bergbaubetrieb in den jeweiligen Bergamtsbezirken. Die Anmerkungen über die Grube Bollnbach sind hier aufgelistet.

Fenchel, W., Gies, H., Gleichmann, H.-D., Reichenbach, R., u.a. (1985)  Sammelwerk Deutsche Eisenerzlagerstätten,  Die Sideriterzgänge im Siegerland-Wied-Distrikt, Geologisches Jahrbuch Reihe D Heft 77, Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart

Gleichmann H.-D, (1996)  Die Gruben Bollenbach und Stahlert,  Eigenverlag, Alsdorf/Sieg